Bbeyond Monthly Tour – Nichts führt nach innen | Münster | Germany
Stefan Us (in der Plane) hatte sich für eine Gruppenperformance Kollegen aus Irland aus Essen eingeladen, die eine surreale Zwischenwelt kreierten. Titelfoto: Jordon Hutchings, alle anderen Fotos: Helmut Jasny
Performance-Netzwerk „Bbeyond Nordirland“ am Aasee
NICHTS FÜHRT NACH INNEN
Münster – Ein mittelalter Herr tritt auf, der sich in eine grüne Strumpfhose gezwängt hat. Nackter Oberkörper und rote Pumps komplettieren seinen Auftritt als Dragqueen. Man denkt an Christopher Street Day oder dergleichen. Stimmt aber nicht. Was hier verhandelt wird, ist das „Nichts“.
Von Helmut Jasny
Bei den Aasee-Kugeln versammeln sich gewöhnlich die unterschiedlichsten Leute. Aber heute geht es noch mal eine Spur bunter zu als üblich. Zunächst fällt ein mittelalter Herr auf, der sich in eine grüne Strumpfhose gezwängt hat. Nackter Oberkörper und rote Pumps komplettieren seinen Auftritt als Dragqueen. Man denkt an Christopher Street Day oder dergleichen. Stimmt aber nicht. Was hier verhandelt wird, ist das „Nichts“.
Und dafür ist in Münster bekanntlich Stephan Us zuständig, der, wie auf Facebook zu verfolgen ist, seit einem halben Jahr nichts tut. Weil das zuweilen anstrengend ist, hat er sich mit dem Performance-Netzwerk „Bbeyond Nordirland“ und der Künstlerin Marita Bullmann aus Essen Verstärkung geholt. Zusammen zelebrierten sie am Freitagabend in Form einer „Open Source Performance“ das Nichts.
Beziehungsweise probierten aus, was daraus entsteht, wenn man den leeren Raum zwischen dem Etwas erforscht. Us betrachtet dieses Vorgehen als poetisches Spiel der Sprache, wobei Sprache auch metaphorisch genommen werden kann, als performativer Vorgang, bei dem die einzelnen Akteure assoziativ aufeinander reagieren oder auch nicht.
Solche Reaktionen finden im Lauf der gut 90-minütigen Performance einige statt, sowohl zwischen den Künstlern als auch zwischen Künstler und Publikum. Beispielsweise wenn Us mit einem Mini-Regenschirm Wasser aus dem Aasee schöpft und der Dragqueen damit eine Dusche verabreicht. Oder wenn Kinder an den Lippen eines Performers hängen, um dessen angeregtes Gespräch mit den Enten zu belauschen.
„I got plenty of nothing, and nothing is plenty for me“, sang einst Frank Sinatra. Diese Zeilen hat sich ein Akteur von „Bbeyond“ zum Motto gemacht und schreibt es mit Kreide auf die Stufen zu See. Und fügt hinzu, dass er keine Seifenblasen und keine Federn hat wie seine Kollegen. Und keine Plastiktüten wie Bullmann, die solche mit Luft füllt und sich daraus ein rosa Röckchen baut, das immer umfangreicher wird und am Ende ihren Körper bedeckt.
Weitere Requisiten zur Erforschung des Nichts sind eine Mülltonne, eine Packung Mehl, ein Wischmopp und eine Plastikplane, unter der die Akteure wie Wesen aus einer geheimnisvollen Zwischenwelt wirken. Geheimnisvoll mutet auch das an, was die Performer hier treiben. Aber das ist in Ordnung. Rational lässt sich das Nichts sowieso nicht begreifen. Ein möglicher Weg wäre der über Assoziation und Intuition. Und dafür stellen Bbeyond, Us und Bullman einige Wegweiser auf, die alle nach innen führen. Mitten hinein in die Vorstellungswelt des Betrachters.
Alle Fotos und Text: Helmut Jasny
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